Blau und Inklusiv – Tour durch Worms

Bereits letztes Jahr hat mich der Vorsitzende der Lebenshilfe Alzey-Worms Ulrich Granseyer nach Worms eingeladen, um die Einrichtungen und Angebote zum 50-jährigen Bestehen der Lebenshilfe zu besuchen. Das mache ich gerne, möchte bei meinem Besuch aber besonders die Inklusiv ausgerichteten Angebote besichtigen.

Vorletzte Woche war es dann soweit. Zusammen mit Myriam Bliewert, der pädagogischen Leiterin der Lebenshilfe und Tobias Schasse von der Stadtverwaltung starten wir beim Atelier Blau. Zehn Künstlerinnen und Künstler, die normalerweise in der Werkstatt für Behinderte Menschen beschäftigt sind, werden hier unter einem Dach mit den Ateliers anderer Künstler tätig. Das berühmte Selbstportrait von Frida Kahlo ist Grundlage für die Arbeit von Tobias Schoa. Er ergänzt das Bild mit Zeichnungen aus seiner eigenen Sichtweise. Im nächsten Atelier-Raum begrüßen uns Heike Satter und Dietmar Grafe. Sie sind seit mehreren Jahren im Atelier Blau tätig und haben eine enorme künstlerische Entwicklung gemacht. Unterstützt werden sie dabei von dem Wormser Künstler Horst Rettig. Das Atelier Blau hat schon viele Ausstellungen durchgeführt und erzielt bei Galeristen gute Preise für die Werke. Aktuell wird das Konzept für eine Ausstellung in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin erarbeitet.

Der Besuch und das Gespräch mit den Künstlerinnen und Künstlern zeigt, welches künstlerisches Potenzial in ihnen steckt, wenn die Unterstützung und die Rahmenbedingungen stimmen.

20140615-191637-69397893.jpg
Foto von Heike Satter und Dietmar Grafe im Atelier Blau

Anderer Ort, andere Tätigkeit. Die Friedhofsgärtnerei der Stadt Worms ist bundesweit einzigartig, nämlich ein Integrations-Betrieb. Von 52 Beschäftigten sind 15 schwerbehinderte Menschen. Sieben von ihnen haben den Übergang aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen geschafft. Sie haben mit dem Budget für Arbeit einen regulären Job mit gleichem Tarif wie die anderen Beschäftigten im Betrieb. Der Beigeordnete Uwe Franz und Ralf-Quirin Heinz, Leiter des Integrations-Betriebs, sind sichtlich stolz auf ihren Vorzeigebetrieb. Der Leiter des Gärtnereitrupps berichtet mir, wie einer der ehemaligen Werkstatt-Beschäftigten sich mehr und mehr zugetraut hat. Einer der Kollegen hat mittlerweile gute Übung mit der elektrischen Heckenschere und das Ergebnis kann man in der wunderbaren Friedhofsanlage bewundern. Das Zutrauen des Chefs und die Motivation, einen gleichwertigen und gleich bezahlten Arbeitsplatz wie die anderen in Betrieb zu haben, war für den ehemaligen Werkstatt-Beschäftigten fördernd. Auch hier zeigt sich, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, zeigt sich das Potenzial bei den Menschen mit Behinderungen.

20140615-193107-70267302.jpg
Gruppe des Integrations-Betriebs Friedhofsgärtnerei Worms

Leben wir alle, mittendrin von Anfang an. Darauf stellt sich auch die städtische Kita „Der Farbklecks“ ein. Die reguläre Kita liegt mitten im Wohnquartier. Das Kita Team unter der Leitung von Beate Weißberber hat sich konzeptionell auf die Einbeziehung von Kindern mit Behinderungen eingestellt. Erste Erfahrungen sind bereits gemacht und waren positiv.

20140616-204834-74914579.jpg
Das Team der Kita Farbklecks mit Leiterin Beate Weißgerber

Die Abschlussrunde machen wir im Café L im Herzen von Worms. Vor einem Jahr hat die Lebenshilfe das Traditionscafé übernommen. Jetzt arbeiten behinderte und nicht behinderte Menschen in dem Integrations Betrieb zusammen. Leckere Kuchen, guter Kaffee und der hausgemachte „Waldi“ aus Waldmeistersirup, Sommerbeeren, Apfelsaft und Mineralwasser sind Grundlage für unsere Abschlussrunde. Mit dazugekommen ist Christine Rieper-Kramer von der Stadtverwaltung. Worms ist dabei, einen eigenen kommunalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinderten-Rechts-Konvention aufzustellen. Dabei werden die Menschen mit Behinderungen und deren Verbände in verschiedenen Foren intensiv einbezogen.

20140616-210738-76058946.jpg
Abschluss-Foto am Café L

Der Besuch in Worms war sehr beeindruckend. Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die ihn ermöglicht haben. Die Lebenshilfe Alzey-Worms ist auf einem guten Weg, ihre Angebote zu öffnen. Ich freue mich auf die Tour zum 75-jährigen Bestehen der Lebenshilfe, wenn es ausschließlich integrative und inklusive Angebote gibt.