Filmpremiere in Gebärdensprache

Der große Saal des Cinestar in Mainz war  voll besetzt. Grund war die Premiere des Spielfilms „Stille Angst“. Es ist der zweite Film von einem gehörlosen Regisseur mit gehörlosen Schauspielerinnen und Schauspielern in Deutschland. Fünf Jahre haben der in Koblenz lebende Regisseur Manfred März und sein Team an dem Projekt gearbeitet. 

Gestern war es dann soweit. Vor zahlreichem Publikum aus der Gehörlosen-Gemeinschaft wurde der 190 Minuten dauernde Film zum ersten Mal aufgeführt. Bei dem Film geht es um Lena, eine junge gehörlose Frau, die ihre Traumhochzeit platzen lässt um mit einem anderen Mann zusammen zu sein. Die Beziehung entwickelt sich zu Abhängigkeit und Gewalt. Wie sich Lena aus dieser Beziehung lösen kann, zeigt der Film, der auf wahren Begebenheiten beruht.

Auch die Koblenzer Polizei war bei dem Projekt beteiligt. Was nutzt ein Warnschuss, wenn ich einen gehörlosen Täter verfolge? Wie nehme ich die Anzeige einer gehörlosen Frau auf, die  von ihrem Freund misshandelt wurde? Durch den Film wird deutlich, mit welchen Situationen die Polizei konfrontiert sein kann und ist. Auch die Schwierigkeiten, gebärdensprachkompetente psychotherapeutische Beratung zu finden kommt zum Ausdruck. Hier konnte ich einiges für meine Arbeit an Anregungen mitnehmen. Einen Gebärdensprache-Grundkurs für Polizistinnen und Polizisten wäre sicherlich hilfreich. Das will ich für unsere Zielvereinbarung „Menschen mit Behinderungen und Polizei“ aufnehmen.

„Stille Angst“ gibt einen Einblick in die Lebenswelt gehörloser Menschen. Der Film eines gehörlosen Regisseurs  mit gehörlosen Schauspielerinnen und Schauspieler ist ein wichtiges Signal für die Gebärdensprach-Kultur. Für Hörende ist der Film untertitelt. Ich freue mich, dass wir mit dem Förderprogramm „barrierefrei, Inklusiv und fair“ der Stiftung der Sparda Bank Südwest das Projekt unterstützen konnten. Hier Bilder von der Premiere:

  
Voll besetzter Kinosaal im Cinestar Mainz

  
Gebärdenapplaus im Kino

  
Autogrammstunde nach der Premiere

Grün und barrierefrei – das Musée du quai Branly in Paris

Mitten in Paris, unweit des Eiffelturms liegt eine grüne Oase. Das Museum für außereuropäische Kunst fällt durch seine außergewöhnliche Architektur auf. Die Fassade ist ein Pflanzenbeet, allerdings Hochkant gestellt. Zum Eingang kommt man durch einen dicht bewachsenen Garten mit Teichen.

Das 2006 eröffnete Museum fällt auch durch seine durchgehend barrierefreie Gestaltung auf. Ein Leitstreifen für blinde und sehbehinderte Besucherinnen und Besuchern führt zum Museum und im Museum weiter. Auch sind viele Ausstellungsstücke und Erklärungen mit tastbaren Reliefs ausgestattet und in Braille beschriftet. Besonders die Zeitreise-Installation im Herzen des Museums ist durch betastbare Reliefs und Beschriftung durchgehend im Zwei-Sinne Prinzip nutzbar.

Bei den Eingängen zu den Sonderausstellungen (aktuell zu Tatoos und zu Indianern) läuft auf dort aufgestellten Monitoren die Erläuterung zu den Ausstellungen in Gebärdensprache – nicht nur auf Anforderung sondern als selbstverständliches Angebot.

Hier ein paar Fotos zu dem Museum

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Videos mit Erläuterungen in Gebärdensprache am Eingang der Sonderausstellung

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Die grüne Fasade am Museum

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Der Garten des Museums und Blick zum Eiffelturm

Gegenüber meinen Besuchen vor 25 Jahren in Paris, hat sich die Stadt enorm verändert. Mittlerweile gibt es überall Bordsteinabsenkungen, die durch Noppenbänder abgesichert sind. Bei meiner Tour in der vergangenen Woche durch Paris konnte ich durchgehend die Busse nutzen. Es sind Niederflurbusse mit automatischer Rampe! In Deutschland werden überwiegend Klapprampen an den Bussen eingesetzt, angeblich weil die Technik bei den automatischen Rampen unzuverlässig ist.

Bei der Metro gibt es allerdings Nachholbedarf. Nur eine Handvoll der Stationen in der Innenstadt sind mit einem Aufzug ausgerüstet. Hier gibt es noch einiges zu tun.

Botschafter der Gehörlosenkultur

Lightwriting – das sichtbare und Unsichtbare – heißen die aktuellen Werke des gehörlosen Künstlers Dieter Fricke. Heute Abend wurde eine Ausstellung mit Bildern, Skulpturen und Fotografien von Dieter Fricke im Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen in Mainz eröffnet. In seinen aktuellen Fotografien nimmt der Künstler die Bewegung der Gebärdensprache auf. Durch unterschiedlich farbige Leuchtröhren an den Händen auf langzeitbelichteten Fotografien entstehen Leuchtfiguren, die aus den Gebärden der Gehörlosenkultur entstehen. Die Schönheit der Gebärdensprache wird so in bildende Kunst übersetzt. Dadurch ist Dieter Fricke ein hervorragender Botschafter der Gehörlosenkultur.

Außerdem gibt es Gebärdenskulpturen, die auch ertastet werden können. Weitere Infos zu der Kunst von Dieter Fricke gibt es hier. Die Ausstellung ist im ZsL Mainz, Rheinallee 79-81, 55118 Mainz zu erleben.

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Lightwriting-Bild von Dieter Fricke